Pressemitteilung
Wärmenetze: Große CO2-Erzeuger zuerst umstellen
ÖDP fordert Prioritätensetzung für die Umsetzung der kommunalen Wärmeplanung
Landauf und landab beschäftigen sich die kommunalen Parlamente mit der zwingend vorgeschriebenen kommunalen Wärmeplanung. Die ersten Ergebnisse liegen örtlich schon vor und die Städte und Gemeinden beginnen sich von fossilem Öl und Gas zu verabschieden. Soweit so gut. Und jetzt kommt das große „Aber“: Ist das alles so sinnvoll, was dort geplant wird? Die ÖDP Hessen untersucht am Beispiel einer mittelhessischen Kommune an der Dill die Sinnhaftigkeit von Umsetzungsstrategien.
Bevor wir in die Details einsteigen, müssen wir uns noch mit ein paar grundsätzlichen Gedanken beschäftigen. Wärmenetze sind dazu gedacht, Wärme auszutauschen, idealer Weise dort, wo zu viel vorhanden ist, wird in das Netz eingespeist und dort, wo Wärme benötigt wird, findet eine Wärmeentnahme aus dem Netz statt. Dabei ist es nicht zwingend, dass man nur Wärme entnimmt. Es sollte auch in die andere Richtung gehen können: Hat man durch eigene Erzeugung zu viel Wärme, muss man in das Netz einspeisen dürfen. Kurz gesagt: Bidirektionaler Wärmefluss - Der Wärmeaustausch kann ich beide Richtungen stattfinden. Nur so machen Wärmenetze Sinn.
Der Unterschied zwischen bidirektionalem Wärmenetz und Fernwärmeversorgung
Doch nicht überall hat man das gleiche Verständnis von Wärmenetzen. Häufig werden auf kommunaler Ebene Wärme-Netze auch als Fernwärmeversorgung umgedeutet, mit der Konsequenz, dass viele energetische Potentiale durch die Netzplaner diskriminiert und nicht eingebunden werden.
Anschlusszwang für Niedrigenergiehäuser
Eine solche Stilblüte erlebt gerade eine mittelhessische Stadt an der Dill. Dort wurde schon recht früh mit der Wärmeplanung begonnen. Es ist beabsichtigt, ein Neubaugebiet für 1-2 Familienhäuser mit einem „Wärmenetz“ mit einer zentralen Erzeugung auszustatten und dem Netz als Verteilungsgrundlage. Für die zukünftigen Hausbesitzer bedeutet dies, dass sie sich an das Netz anschließen müssen, also einen Anschlusszwang, der den Häuslebauer 15000 € kostet. Alle weiteren energetischen Verteileinrichtungen sind durch den Bauherren noch zu leisten. So der Plan der Kommune. Kurz gesagt: Ein Fernwärmenetz mit Anschlusszwang und dem Verbot, eigene Wärmeenergie zu erzeugen!
Eigenversorgung sowie Einspeisen verboten?
In vielen Bebauungsplänen ist es heute vorgeschrieben, dass die Ausrichtung der Dächer so vorzunehmen ist, dass PV- sowie Solar-Thermie-Anlagen ideal ausgerichtet sind und den höchsten Wirkungsgrad haben. Doch was nützt einem ein optimal ausgerichtetes Dach, wenn ich den so generierten Strom / Wärme nicht für die eigene Wärmeversorgung verwenden darf? Spätestens dann ist zu hinterfragen, ob das noch im Sinne des Erfinders ist.
Denn genau das möchte die Kommune verhindern, um sicherzustellen, dass die ohnehin geringe Energiemenge, die ein energetisch gutes Haus heute benötigt, etwas Energie aus dem Netz entnimmt.
Fernwärmeversorgung vs. Eigenversorgung
Jetzt wird sich der technisch interessierte Mitbürger die Frage stellen, wie hoch der Energiebedarf von Neubauten ist. Da in dem Neubaugebiet nur 1-2 Familienhäuser nach KFW-40-Standard oder besser errichtet werden, sind die Wärmebedarfe der Häuser sowie der Warmwasserbedarf der Verbraucher recht gering. Eine Photovoltaik-Anlage in Kombination Batteriespeicher und Wärmepumpe, alternativ Solarthermie-Anlage, sorgen fast vollumfänglich für eine autarke Versorgung. Häufig ist Energie im Überschuss vorhanden, so dass Häuser mit geringerer energetischer Güte mitversorgt werden können. Für die „dunklen Stunden“ sind geringe Mengen an Strom zuzukaufen, mehr nicht!
Rechtlicher Aspekt: Anschlusszwang versus Effizienz
Darf man einen Bauherrn dazu zwingen, sich an ein Fernwärmenetz anzuschließen, wenn dieser seine Versorgung effizienter und meist auch erheblich kostengünstiger realisieren kann? Eine Fragestellung, die bis jetzt noch nicht final geklärt ist. Doch sollte uns allen bewusst sein, dass eine Anschlusspflicht der falsche Weg ist. Das hat man wohl auch bei den kommunalen Planern erkannt. Weist ein Bauherr nun nach, dass seine Energieversorgung in Eigeninitiative effektiver als die des Fernwärmenetzbetreibers ist, kann er eine Befreiung beantragen. Diese wird im Einzelfallverfahren geprüft.
Zusammengefasst: Je moderner Neubauten sind und je weniger Wohneinheiten ein Neubau hat, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die dezentrale Versorgung die ökologisch sinnvollere und auch die günstiger Wahl ist.
Lohnt sich Fernwärmeversorgung in Neubaugebieten?
Jetzt wird es für die Verantwortlichen unbequem: Da für eine nicht unerhebliche Anzahl der Neubauten eine Befreiung beantragt wird und bei 1-2 Familienhäusern generell ein niedriger Energiebedarf vorhanden ist, muss man seitens des Netz-Betreibers damit rechnen, dass nur sehr geringe Wärmemengen durch das Fernwärmenetz verteilt werden. Da das Fernwärmenetz 1-2 Familienhäuser versorgt, ist die Netzlänge im Vergleich zu Gebieten mit Mehrfamilienhäusern sehr hoch. Energetisch betrachtet bedeutet dies, dass die Verlustleistung des Netzes sich der an Verbraucher abgegebenen Wärme annähert. Wärme geht verloren. Der Wirkungsgrad des Netzes sinkt erheblich.
Herstellkosten: Mit geringen Mitteln das meiste erreichen!
Auch lohnt sich ein Blick auf die Herstellungskosten eines Fernwärmenetzes: die Kosten für die Versorgung eines Neubaugebiets, in dem nur 1-2 Familienhäuser angeschlossen werden, sind sehr hoch, da die Anzahl der Wohneinheiten pro Leitungskilometer sehr niedrig ist. Das Netz kostet aufgrund der Länge viel Geld in der Herstellung und hat wenig Wärmeumsatz. Die Netz-Amortisation dauert sehr lang. Kurz gesagt: Es gibt sinnvollere Startpunkte für Wärmenetze, zum Beispiel Siedlungen von Wohnbaugesellschaften.
Alternativen gefunden: So lässt sich die Klimaneutralität schneller erreichen!
Wir müssen uns noch einmal mit der Zielstellung der Kommunalen Wärmeplanung beschäftigen: Ziel muss es sein, den Klimawandel zu bremsen. Eine Substitution der fossilen Energieerzeugung vor allem in großen Wohneinheiten hat einen wesentlich größeren positiven Effekt. Je höher die Anschlussdichte, also Wohneinheiten pro Leitungskilometer ist, umso besser ist das Netz in seinem Wirkungsgrad. Ziel muss sein, diese Wohneinheiten als erstes auf Fernwärmeversorgung umzustellen, da hier der Effekt auf die CO2-Emmissionen am größten ist und die Kosten für den Netzaufbau hier geringer sind.
Die ÖDP Hessen wird auch in Zukunft auf Missstände und Fehlentwicklungen bei der Umsetzung der Klimawende hinweisen. Wir würden uns freuen, wenn Sie uns Ihre Erfahrungen mitteilen. Kontaktieren Sie uns per E-Mail infooedp-hessen.de , über das Kontaktformular auf unserer Homepage www.oedp-hessen.de , oder melden sie sich bei unserem Newsletter an ÖDP Newsletter-Abo .
Für die ÖDP Hessen
Frank Deworetzki, Mittelhessen